Artikel: InfraGO-Zustandsbericht Schienennetz & Bahnhöfe 2024
Zum vierten Mal für das Schienennetz und zum zweiten Mal für die Bahnhöfe legt die DB InfraGO für das Jahr 2024 eine umfassende Bestandsaufnahme zum aktuellen Anlagenzustand vor. Dafür wurden rund 292.000 Infrastrukturanlagen aus dem Schienennetz und 89.000 Anlagen der Bahnhöfe nach der Schulnotenlogik bewertet. Die Daten bilden den Zustand der Anlagen ab und ermöglichen es, den zustandsbasierten Bedarf für Ersatzinvestitionen und Instandhaltung abzuleiten.
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Laut InfraGO-Zustandsbericht 2024 ist der Zustand der Infrastruktur zum ersten Mal seit Jahren nicht schlechter geworden. Die Zustandsnote für das Gesamtnetz verbesserte sich von 3,03 auf 3,00. Hauptgrund ist der Oberbau – vor allem die Gleise, die sich von 3,08 im Jahr 2023 auf 2,91 im Jahr 2024 verbessert haben. Umfangreiche Erneuerungsmaßnahmen haben zu dieser Entwicklung beigetragen. Auch die Zahl der Störungsmeldungen konnte so reduziert werden. Weichen verbesserten sich in der Bewertung von 3,10 auf 3,05. Die DB InfraGO hatte im vergangenen Jahr mehr als 2.000 Kilometer Gleise und über 1.800 Weichen erneuert.
Insgesamt werden die hochbelasteten Streckenabschnitte, die etwa ein Viertel des Gesamtnetzes umfassen, mit der Note 3,05 bewertet. Das rund 24.000 Streckenkilometer umfassende Flächennetz schneidet mit der Note 2,96 besser ab. Auf den am stärksten frequentierten Strecken weisen insbesondere die pünktlichkeitsrelevanten Anlagen wie Gleise, Weichen, Stellwerke und Bahnübergänge unterdurchschnittliche Zustandsnoten auf. Der Grund: Sie sind einer hohen Belastung ausgesetzt, die zu schnellerem Verschleiß und einer kürzeren technischen Nutzungsdauer der Anlagen führt.
Daher ist die gewerkeübergreifende Generalsanierung in den kommenden Jahren ein zentraler Schwerpunkt, die Betriebsqualität auf hochbelasteten Streckenabschnitten zu verbessern. Das Pilotprojekt Riedbahn hat gezeigt, dass das Konzept wirksam ist. Die Zustandsnote der Strecke zwischen Frankfurt/Main und Mannheim verbesserte sich im Vorjahresvergleich von 3,70 auf 2,19. Um diesen Zustand zu halten und die betriebliche Effizienz weiter zu steigern, soll die Hochleistungsinstandhaltung implementiert werden. Moderne Diagnosesysteme sollen dann kontinuierlich Daten erheben und eine vorausschauende Wartung ermöglichen. So können Fehler künftig vermieden werden, bevor sie entstehen. Entstörungsprozesse werden dadurch beschleunigt.
Trotz Fortschritten besteht weiterhin dringender Handlungsbedarf bei der Modernisierung des Anlagenbestands. Am schlechtesten bewertet wird – wie in den Vorjahren – die Leit- und Sicherungstechnik, bestehend aus Stellwerken und Bahnübergängen. Stellwerke erreichen nur die Note 4,12, jedes zweite ist erneuerungsbedürftig. Gleichzeitig macht der hohe Wiederbeschaffungswert die Stellwerke noch vor Brücken zum größten Treiber des Erneuerungsbedarfs. Die Zustandsnote der Bahnübergänge hat sich ebenfalls verschlechtert: von 3,37 im Jahr 2023 auf 3,58 im Jahr 2024. Dies ist insbesondere auf Altbauformen der Bahnübergangstechnik zurückzuführen, die kurzfristig beseitigt oder erneuert werden müssen.
Der Zustand der Brücken ist unverändert. Sie machen mit einem Wiederbeschaffungswert von 336 Milliarden Euro etwa 51 Prozent des Portfolios im Schienennetz der DB InfraGO aus. Gegenüber dem Vorjahr bleibt die Zustandsnote der Brücken mit 2,78 unverändert. Auch der Erneuerungsbedarf ist im Vorjahresvergleich konstant, stellt aber aufgrund des hohen Wiederbeschaffungswerts neben Stellwerken weiterhin den zweitgrößten Erneuerungsbedarf dar.
Der Wiederbeschaffungswert für Anlagen, die mit einer Zustandsnote 4 oder schlechter bewertet werden, beläuft sich für das Schienennetz auf 109,8 Milliarden Euro und für die Bahnhöfe auf 20,27 Milliarden Euro.
Die Zustandsnote der Bahnhöfe hat sich im Vergleich zu 2023 von 3,09 auf 3,03 verbessert. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass sich der Anteil der Anlagen in einem neuwertigen Zustand erhöht hat. Zu dieser Entwicklung hat eine Vielzahl von Investitionsprogrammen beigetragen. So hat die DB InfraGO 2024 durch umfangreiche Sanierungen 113 Zukunftsbahnhöfe fertiggestellt, davon allein rund 20 entlang der Riedbahn. Einen weiteren positiven Effekt haben neue Stationen, die im vergangenen Jahr in Betrieb gegangen sind, wie beispielsweise der Bahnhof Frankfurt am Main-Ginnheim.
Im Anlagenportfolio der Bahnhöfe schneiden Treppen, Rampen und Wetterschutzhäuser mit einer Zustandsnote von 2,53 am besten ab. 70 Prozent dieser baulichen Anlagen sind neuwertig oder in einem guten Zustand. Unterdurchschnittlich schneiden dagegen Anlagen der Informations- und Telekommunikationstechnik mit einer Zustandsnote von 3,97 ab. Rund 22 Prozent der Anlagen (z.B. Fahrgastinformations- und Beschallungsanlagen, dynamische Schriftanzeiger, Uhren, aber auch Video- und Kamerasysteme) befinden sich in einem mangelhaften oder ungenügenden Zustand. Hintergrund sind die häufig bereits überschrittenen technischen Nutzungsdauern. Handlungsbedarf gibt es zudem bei den Personenaufzügen, die mit 3,57 bewertet sind. Von 2.634 bewerteten Aufzügen ist etwa ein Drittel in einem neuwertigen oder guten Zustand.
Die Zustandsnote der Empfangsgebäude der DB InfraGO hat sich von 3,25 auf 3,58 verschlechtert. Vor dem Hintergrund der Novelle des Bundesschienenwegeausbaugesetzes (BSWAG) werden sukzessive die nicht öffentlichen Bereiche der Gebäude erfasst. Nur so können diese künftig ganzheitlich modernisiert und in einen besseren Zustand gebracht werden. Durch die schrittweise Aufnahme neuer Räume und Anlagen ist in den Folgejahren jedoch zunächst davon auszugehen, dass sich die Zustandsnote der Empfangsgebäude weiter verschlechtert.