TSI Noise

Zum Inhalt springen

Artikel: TSI Noise

Die EU-Verordnung 1304/2014, kurz TSI Noise, bestimmt, dass europaweit auf fest definierten leiseren Strecken, den sogenannten Quieter Routes, keine lauten Güterzüge betrieben werden dürfen.

Ein Güterzug gilt im Sinne der Verordnung als laut, wenn mindestens ein Wagen im Zugverband mit Graugussbremsen ausgerüstet ist. Als Quieter Route gelten alle Teile der Infrastruktur mit einer Streckenlänge von mindestens 20 km, auf denen während der Nachtzeit mehr als 12 Güterzüge verkehren.

Die TSI Noise hat zum Ziel, gesundheitsbeeinträchtigende Lärmeinwirkungen gerade auf viel befahrenen Strecken zu reduzieren und den grenzüberschreitenden Güterverkehr in Europa durch harmonisierte Standards zu vereinfachen.


Umsetzung des Fahrverbots lauter Güterzüge auf dem deutschen Schienennetz
Umsetzung des Fahrverbots lauter Güterzüge auf dem deutschen Schienennetz


Novelliertes Schienenlärmschutzgesetz

Die Einführung der TSI Noise macht eine Änderung des deutschen Schienenlärmschutzgesetzes (Gesetz zum Verbot des Betriebs lauter Güterwagen) notwendig. Seit dem 15. Dezember 2024 hat das neue Schienenlärmschutzgesetz (SchlärmschG) Gültigkeit, während das vorherige Gesetz zu diesem Zeitpunkt außer Kraft gesetzt ist.

Das im Jahr 2024 novellierte SchlärmschG untersagt auf den fest definierten Quieter Routes (bzw. „leiseren Strecken“) des deutschen Schienennetzes seit dem 15. Dezember 2024 das Fahren oder Fahrenlassen von Güterzügen, in die laute Güterwagen eingestellt sind.

Nachfolgend sind die Detailinformationen zur Umsetzung des Gesetzes beschrieben.


1. Fahren mit lauten Zügen

Das Schienenlärmschutzgesetz erlaubt es weiterhin mit Güterzügen zu fahren, in die laute Güterwagen eingestellt sind, wenn eine Ausnahme nach Nummer 4.4.1 oder 4.4.2 des Anhangs der EU-Verordnung 1304/2014 vorliegt.

Ausnahmen nach Nummer 4.4.1: Besondere Vorschriften für den Betrieb von Güterwagen auf leiseren Strecken bei gestörtem Betrieb:

Laute Güterwagen können auf eine Quieter Route umgeleitet werden, um Kapazitätsbeschränkungen oder betriebsbedingten Einschränkungen aufgrund von Fahrzeugdefekten, extremen Witterungsbedingungen, Unfällen oder sonstigen Ereignissen sowie Störungen der Infrastruktur zu begegnen. Es dürfen hierbei nur Zugfahrten auf Trassen, welche bei ordnungsgemäßem Betrieb ohne leisere Strecken auskommen, auf eine leisere Strecke umgeleitet werden.

Ausnahmen nach Nummer 4.4.2: Besondere Vorschriften für den Betrieb von Güterwagen auf leiseren Strecken bei Infrastrukturarbeiten und Wageninstandhaltung:

Wenn das Instandhaltungswerk nur über eine leisere Strecke erreicht werden kann, muss zur Durchführung von Instandhaltungsarbeiten der Betrieb von lauten Güterwagen auf leiseren Strecken möglich sein. Für Infrastrukturarbeiten, bei denen eine leisere Strecke die einzige geeignete Alternative ist, gelten die Regelungen gemäß Nummer 4.4.1.

Historische Fahrten

Güterwagen, welche ausschließlich zu historischen oder touristischen Zwecken betrieben werden, fallen nicht in den Anwendungsbereich des in Artikel 5a der EU-Verordnung 1304/2014 geregelten Betriebsverbots und dürfen folglich ohne Einschränkungen auf leiseren Strecken eingesetzt werden.

Der entsprechende Restriktionscode 4.3 („strictly local, historical or tourist use“) muss dabei im europäischen Fahrzeugregister hinterlegt sein, sofern das Fahrzeug dort eingetragen ist.


Weitere Wagen außerhalb des Anwendungsbereiches

Ausgenommen vom neuen Betriebsverbot sind nach Nummer 7.2.2 der TSI Noise außerdem Güterwagen, die

  • hauptsächlich auf Strecken mit einem Gefälle von mehr als 40 % betrieben werden,
  • mit einer maximalen Betriebsgeschwindigkeit von mehr als 120 km/h,
  • mit einer maximalen Radsatzlast über 22,5 t,
  • ausschließlich für Infrastrukturarbeiten eingesetzt werden oder
  • in Rettungszügen eingesetzt werden.
2. Anmeldung von Trassen

Mit der Anmeldung einer Trasse ist stets anzugeben, ob es sich bei dem Zug um einen leisen Zug oder einen lauten Zug handelt. Die Angabe ist obligatorisch und per Auswahlfeld in TPN vorzunehmen.

Wann ein Zug als „laut“ oder „leise“ bei der Trassenanmeldung gilt, definiert Abschnitt 2 Absatz 11 der Richtlinie 402.0202.

Weitere Informationen zu Anforderungen der VO (EU) 1304/2014 bei Trassenanmeldungen sind in der Richtlinie 402.0202 enthalten.

3. Überprüfung der Einhaltung des Gesetzes

Das SchlärmschG legt der DB InfraGO AG umfangreiche Prüfpflichten auf. Diese sollen gewährleisten, dass die Vorgaben aus dem Gesetz eingehalten und die Einhaltung überprüft wird.

Die Überprüfung der Einhaltung des Gesetzes erfolgt mittels einer nachgelagerten Stichprobenprüfung. Dazu werden monatlich 5 % aller Güterverkehrszüge aus dem jeweiligen Vormonat nach dem Zufallsprinzip für eine Detailprüfung ausgewählt.

Das betroffene Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) bzw. der Zugangsberechtigte (ZB) wird darüber informiert, welche Züge in die Stichprobe gefallen sind und zur Lieferung von Listen über die Zugzusammenstellung (Liste der Wagen) aufgefordert.  Die Übermittlung der Listen erfolgt über eine direkte Schnittstelle, welche auf einem REST-Webservice basiert. Alternativ ist auch eine Übermittlung per Excel-Dokument, nach Formatvorlage der DB InfraGO AG möglich, und zwar per Mail an: schienenlaermschutzgesetz@deutschebahn.com. Gerne können in einem Excel-Dokument mehrere Züge zusammengefasst werden.

Sowohl die technische Beschreibung der Schnittstelle als auch die Formatvorlage des Excel-Dokuments befinden sich unter „Downloads“ auf der rechten Seite.

Sobald die Liste der Wagen zu einem in die Stichprobe gefallenen Zug übermittelt wurde, erfolgt eine Überprüfung der Bremsausstattung (Art der Bremssohle) eines jeden in den Zug eingestellten Wagen. Dazu wird ein Abgleich mit verifizierten Daten (interne Datenbanken und Silent Wagon Database (SWDB)) durchgeführt. Liegen für einen Wagen keine Informationen vor, wird ein entsprechender Nachweis über die Bremsausstattung beim EVU/ZB angefordert. Der Nachweis ist in geeigneter Form zu erbringen (z.B. Zulassungsbescheinigung, Werkstattprotokoll, Konformitätserklärung).

Die DB InfraGO AG ist verpflichtet, Verstöße je EVU/ZB zu dokumentieren und fortzuschreiben. Bei wiederholten Verstößen wird das betroffene EVU/ZB aufgefordert, ein externes Audit durchführen zu lassen. Ziel des Audits ist es, neben der Funktion einer zusätzlichen Eskalationsstufe, nachhaltige Prozesse zu etablieren, durch die weitere Verstöße vermieden werden. Sollte das Audit nicht rechtzeitig durchgeführt werden oder sollten im Anschluss an das Audit weiterhin Verstöße festgestellt werden, können durch das Eisenbahn-Bundesamt weitere Sanktionen ausgesprochen werden. Mögliche Sanktionen gegen betroffene EVU/ZB können Geschwindigkeitsreduzierungen oder Fahrverbote sein.

4. Zuwiderhandlungen und Strafen

Verstöße gegen das Betriebsverbot lauter Güterwagen können mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 € geahndet werden. Verstöße gegen die Auskunftspflichten können mit einem Bußgeld von bis zu 30.000 € geahndet werden.