Kleine Maßnahmen – große Wirkung: drei Fragen an Philipp Nagl

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Kleine Maßnahmen – große Wirkung: drei Fragen an Philipp Nagl

23.04.2024

Kleine Maßnahmen – große Wirkung: drei Fragen an Dr. Philipp Nagl

Kleine Maßnahmen mit großer Wirkung: Das vier Milliarden Euro umfassende Infrastruktur-Programm „Kleine und mittlere Maßnahmen“ für das Schienennetz kommt voran. Bis Ende 2025 werden bereits 138 der insgesamt geplanten 355 Vorhaben umgesetzt sein. Das sind 40 Prozent der geplanten Maßnahmen mit einem Investitionsumfang von rund einer Milliarde Euro. Dr. Philipp Nagl, Vorstandsvorsitzender DB InfraGO AG, erklärt, wie das Programm „Kleine und mittlere Maßnahmen“ für mehr Pünktlichkeit und mehr Überholmöglichkeiten im Schienennetz sorgen soll.

Zu den Projekten zählen infrastrukturelle Maßnahmen wie weitere Überleitmöglichkeiten, zusätzliche Signale und Gleiswechselbetriebe oder neue Bahnsteige. Das Programm zielt darauf, schnell positive Effekte auf die Kapazität und Pünktlichkeit für Reisende und Güterverkehrskunden zu erreichen. Finanziert werden die Vorhaben im Wesentlichen über das Klimaschutzpaket des Bundes und Eigenmittel der Deutschen Bahn. Sie sollen bis 2030 vollständig umgesetzt sein.

Drei Fragen an Dr. Philipp Nagl, Vorstandsvorsitzender DB InfraGO AG
Porträtfoto von Dr. Philipp Nagl - Vorstandsvorsitzender

Herr Dr. Nagl, wie haben Sie die Vorhaben ermittelt, um die es in dem Programm geht? Sind Sie zufrieden mit der Umsetzung?

Nagl: Das Programm hatte verschiedene Vorläufer und ist so richtig in 2022 durchgestartet; wir führen es bei der DB InfraGO  nahtlos fort. Auf die Listegeschafft haben es Vorhaben, die besonders effektiv sind und raschspürbare Effekte für die Kapazität und mehr Pünktlichkeit im Bestandsnetzversprechen. Insgesamt sind das 355 Vorhaben, die wir bis 2030 umsetzen wollen. Alles Maßnahmen, die sich schnell positiv für unsere Fahrgäste und die Verkehrsunternehmen auswirken werden. Das Programm liegt mir persönlich stark am Herzen. Es zeigt deutlich, dass die Zeiten des Rückbaus der Infrastruktur nun vorüber sind. Ich bin deshalb sehr froh, dass wir so gut unterwegs sind.

Wenn Ende 2025 bereits 40 Prozent geschafft sind, werden Sie dann nicht eher fertig als 2030?

Nagl: Die größeren Programmpunkte kommen in den nächsten Jahren. Zwischen2026 und 2030 planen wir, drei Milliarden Euro in weitere Projekte zu verbauen. Es geht ja in dem Programm insgesamt um rund 140 Überleitstellen, 36 Überholgleise und 41 Maßnahmen zur Verkürzung der Blockabstände.

Was bringt das für Effekte?

Nagl: Wir haben im Juni 2023 gesagt, dass all diese Maßnahmen uns ab 2030 bis zu vier Prozentpunkte in der Pünktlichkeit für Fernzüge nach vorn bringen könnten. Dahinter wollen wir nicht zurückgehen. Da zählen natürlich auch die besonders wirkungsvollen Vorhaben auf den Hauptkorridoren hinein. So werden etwa im Zuge der Riedbahn-Generalsanierung drei zusätzliche Überleitstellen gebaut.

„Wir haben im Juni 2023 gesagt, dass all diese Maßnahmen uns ab 2030 bis zu vier Prozentpunkte in der Pünktlichkeit für Fernzüge nach vorn bringen könnten.“

Dr. Philipp Nagl, Vorstandsvorsitzender der DB InfraGO AG

Wir schaffen zusätzliche Überleitstellen

Fährt ein Zug auf eine Eingleisigkeit (etwa durch eine Baustelle) zu, dann funktioniert es in einer gut ausgebauten leistungsstarken Infrastruktur so: Der Zug fährt nah an die Baustelle heran, wechselt kurz vorher vollständig signalisiert mit möglichst hoher Geschwindigkeit auf das Gegengleis und passiert die Eingleisigkeit möglichst rasch. Direkt danach wechselt der Zug wieder auf das Regelgleis. Im Hochleistungsnetz wird mit dem schnellen und kurzen Gleiswechsel das gegenüberliegende Gleis also nur minimal beeinträchtigt. Bei uns in Deutschland ist es an vielen Stellen leider noch nicht so. Hierwechselt der Zug lange vor der Baustelle auf das Gegengleis. Der Grund: Dort ist die letzte Überleitstelle. Aber nicht nur das. Der Zug muss auf das Gegengleis deutlich langsamer fahren oder sogar einen Befehl bekommen, weil die Strecke nicht mit den nötigen Signalen ausgestattet ist. Nach der Baustelle kann der Zug erst nach längerer Fahrt wieder zurück auf das Regelgleis wechseln. Das bedeutet: Der Überholvorgang dauert lange und beeinträchtigt das Netz sehr stark. Er frisst die Kapazitäten in diesem Falle förmlich auf.

Das wollen wir mit zusätzlichen Überleitstellen ändern – also mehr Weichen und die entsprechende Ausstattung mit Signalen in beide Richtungen. Das hilft uns vor allem im Bau- und Störungsfall.

Ein ICE 4 von Hamburg kommend überholt einen Containerzug auf dem Korridor Hannover-Hamburg

Wir schaffen mehr Überholmöglichkeiten im Netz

In unserem Netz teilen sich die Züge mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten die gleiche Infrastruktur. Gerade Güterzüge müssen öfter von Personenzügen überholt werden. Zusätzliche Kapazität und damit mehr Pünktlichkeit erreichen wir, indem wir entsprechende Überholmöglichkeiten schaffen. Das kann man sich vorstellen wie eine riesige Parkbucht – immerhin müssen auch die 740 Meter langen Güterzüge hier Platz finden. Die Personenzüge kommen so vorbei und können ihren Fahrplan einhalten. Aber auch die Güterzüge profitieren, weil sie durch die zusätzlichen Überholmöglichkeiten weniger lange warten müssen.

Wir erhöhen die Kapazitäten durch zusätzliche Signale

Auch mit den sogenannten Kleinstmaßnahmen schaffen wir positive Effekte. Indem wir zusätzliche Signale bauen, können wir zum Beispiel den sogenannten Blockabstand zwischen den Zügen verringern. Damit bekommen wir in diesem Abschnitt mehr Kapazität.